Mark-Andreas Schlingensiepen

Live-Musik zu Stummfilmen
Ich begann bereits nach meinem Studium und einer Assistenz bei David Shallon mit der Jungen Deutschen Philharmonie mit zwei Tätigkeitsschwerpunkten, denen ich bis heute treu geblieben bin. Durch die Mitbegründung eines Ensembles für Neue Musik in der Spielzeit 1983/84, das bis heute unter dem Namen notabu.ensemble neue musik eine stete Weiterentwicklung nehmen konnte, ist der eine Bereich benannt. Der zweite ist das Thema Live-Musik zu Stummfilmen. Im Grunde ist auch dies eines der Musik des 20.Jahrhunderts, wurde doch der Film an der Schwelle zum 20.Jahrhundert erfunden. Allerdings ist die Musik dieses Genres stilistisch so vielfältig, dass die Subsumierung unter dem Begriff „Neue Musik” hier irreführend wäre, selbst wenn man mit Recht einwenden kann, dass der Begriff „Neue Musik” selbst schon nichts Klares aussagt. Dennoch, das Stichwort „Charles Chaplin” macht vielleicht schnell deutlich, was ich meine.

Man spricht im Falle der Musik zum Stummfilm von
Originalmusiken (Erklärung ein/ausblenden),

Kompilaten (neuen und alten)
und neuen Kompositionen (die auch Originalmusiken sind).

(Die improvisierte Musik des berühmt-berüchtigten Pianisten, die Ihnen vielleicht zuerst in den Sinn gekommen ist, lassen wir hier außer Acht.)



Zu allen drei Varianten finden Sie Beispiele im folgenden
Stummfilm-Repertoire
(chronologisch nach Entstehungsjahr der Filme)

Der Student von Prag (1913)
Regie: Stellan Rye, Musik: M.-A. Schlingensiepen nach der Klaviermusik von Joseph Weiss (Originalmusik in einer neuen Fassung für kleines Orchester)


Madame Dubarry
(1919)
Regie: Ernst Lubitsch, Musik: M.-A. Schlingensiepen nach einer Stückliste aus Originalzeiten (Kompilat in einer neuen Fassung für Kammerensemble)


Das Cabinet des Dr. Caligari
(1920)
Regie: Robert Wiene, mit Konrad Veit, Lil Dagover, Musik: Guiseppe Becce
(neues Kompilat von L.Prox/E.Gerhardt in einer Fassung für Salonorchester nach altem Vorbild)


The Kid
(1921)
Regie: Charlie Chaplin, Musik: Charlie Chaplin (Originalmusik für Orchester)


Nosferatu
(1922)
Regie: Friedrich Wilhelm Murnau, Musik: Hans Erdmann (Originalmusik ergänzt von B. Heller), Michael Obst (Neukomposition für Ensemble), José Maria Sanchez-Verdu (Neukomposition für Orchester und Stimmen)


Der letzte Mann
(1924)
Regie: Friedrich Wilhelm Murnau, mit Emil Jannings, Musik: Karl Ernst Sasse (Neukomposition für Kammerorchester)


The Thief of Bagdad (Der Dieb von Bagdad)
(1924)
Regie: Raoul Walsh, von und mit Douglas Fairbanks, Musik: Carl Davis unter Verwendung der Scheherazade von Rimski-Korsakow (Neues Kompilat für großes Orchester)


Ballet mécanique
(1924)
Regie: Fernand Léger, Musik: George Antheil (Originalmusik für vier Klaviere und Schlagzeug) (in Kombination mit EMAK BAKIA, L´Etoile de Mer und Entre Act)


Panzerkreuzer Potemkin
(1925)
Regie: Sergei Eisenstein, Musik: M.-A. Schlingensiepen auf der Basis des Klavierauszugs der Originalmusik von Edmund Meisel ergänzt und instrumentiert für Orchester (Originalmusik 1926/1986)


Goldrush/Goldrausch
(1925)
Regie: Charlie Chaplin, Musik: Charlie Chaplin (Originalmusik für Orchester)


Faust
(1926)
Regie: Friedrich Wilhelm Murnau, mit Emil Jannings, Gösta Ekman, Camilla Horn, Musik: Mark-Andreas Schlingensiepen „Eine Liszt-Paraphrase zu Murnaus Stummfilm“ (Neukomposition mit Aspekten des Kompilats - für großes Orchester 1999)


EMAK BAKIA
(1926)
Regie: Man Ray, Musik: Mark-Andreas Schlingensiepen (Neukomposition für Ensemble) (In Kombination mit L´Etoile de Mer, Ballet mecanique und Entre Act)


Berlin. Die Sinfonie der Großstadt
(1927)
Regie: Walter Ruttmann, Musik:
a) nach dem originalen Klavierauszug von Edmund Meisel für großes Orchester von M.-A. Schlingensiepen (Originalmusik 1927/1987)
b) nach dem originalen Klavierauszug von Edmund Meisel für ein Ensemble von sechzehn Spielern von M.-A. Schlingensiepen (Originalmusik 1927/1990)
c) „Montage” für großes Orchester von Mark-Andreas Schlingensiepen (Neukomposition 1995)


Metropolis
(1927)
Regie: Fritz Lang, Musik: Gottfried Huppertz (Originalmusik für Orchester in der Rekonstruktion von B. Heller)


L´Etoile de Mer
(1928)
Regie: Man Ray, Musik: Mark-Andreas Schlingensiepen (Neukomposition für Streicher und Klavier) (in Kombination mit Emak Bakia, Ballet mecanique und Entre Act)


Das neue Babylon
(1928/29)
Regie: Grigori Kosinzew und Leonid Trauberg, Musik: Dmitri Schostakowitsch (Originalmusik für kleineres Orchester)


Asphalt
(1929)
Regie: Joe May, mit Gustav Fröhlich, Gert Fröbe, Musik: Karl Ernst Sasse (Neukomposition für Orchester1995)


Drifters
(1931)
Regie: Grearson, Musik: André Asriel (Neukomposition für kleine Solistengruppe und Streichorchester)


Tabu
(1931)
Regie: Friedrich Wilhelm Murnau, Musik: Violeta Dinescu
(Neukomposition für Ensemble 1988)


City Lights (Lichter der Großstadt)
(1931)
Regie: Charlie Chaplin, Musik: Charlie Chaplin (Originalmusik für Orchester)


Misère ou Borinage
(1933)
Regie: Storck und Ivens, Musik: André Asriel (Neukomposition für kleines Ensemble und zwei Sprecher)